Bild: Werner Hardmeier
Hochspannung buchstäblich und zum Erleben
Etzwilen, 27. März 2025
Heute in genau einem Monat treffen sich die Freunde der kleinen und grossen, alten und modernen Bahn in Etzwilen. Angesichts des Rückblicks auf 150 Jahre Schweizerische Nationalbahn SNB stehen historische Fahrzeuge im Vordergrund. Und es gibt einen exklusiven Einblick ins Unterwerk.
Die Energie für alle Züge auf dem SBB-Netz wird in 13 eigenen Kraftwerken erzeugt, auf insgesamt 1800 Kilometer langen Übertragungsleitungen mit einer Spannung von 132 Kilovolt zu den 80 Unterwerken UW transportiert, wo sie auf die 15 Kilovolt heruntertransformiert und auf die Fahrleitungen der Bahn übertragen wird. So eine Anlage findet sich direkt gegenüber dem Bahnhof Etzwilen. Noch mehr: Hier steht auch eines der wenigen fahrbaren UW sowie eine Freiluftschaltanlage, die erst letztes Jahr erneuert wurde. Dass im Rahmen des Festes dieser Komplex unter kundiger Führung besichtigt werden kann, dürfte sich nicht so rasch wiederholen.
Freilichtausstellung Retro und zukunftsorientiert
Dass Etzwilen wohl der Bahnhof mit den meisten Gleisen pro Einwohnende (270) ist, verdankt er dem einst blühenden Güterverkehr der SNB und später der SBB zwischen Singen (D), Winterthur und weiter in die Schweiz. Zum Umgruppieren der Wagen und Wenden der Dampfloks brauchte es viele Abstellgleise und eine Drehscheibe (einst waren es gar zwei). Bessere Verhältnisse, auf kleinem Raum ganz viel historisches Rollmaterial, ein Lösch- und Rettungszug LRZ der SBB und sogar blitzblank aus den Werkhallen von Stadler Rail der EVO-Flirt (EVO für «Evolution») nicht nur von aussen, sondern durchgängig innen zu besichtigen ist. Er wird ab 2026 auch auf dem Netz von Thurbo die alten Gelenktriebwagen GTW ablösen. Selbstverständlich laden etliche Dampfzüge auf der Nationalbahnlinie Etzwilen-Singen (D) zum Mitfahren ein. Der rote Speisewagen bleibt auf Gleis 1 des Bahnhofes Etzwilen, steht aber nur für eine von mehreren Verpflegungsmöglichkeiten. Für einmal müssen sich Vegetarier nicht mit Kartoffelsalat abspeisen lassen. Sie haben die Auswahl zwischen Pizza und indischen Gerichten.
Gleich fünf Spurweiten auf kleinem Raum
Das Einzige, das am Festtag «normal» ist, ist die Normalspur von 1435 Millimetern. Nur auf … mm bringt es die Gartenbahn gleich beim Bahnhof, auf der dann Dauerbetrieb angesagt ist. Beträchtlich weiter fährt es sich mit Jung und Alt auf den Wagen der Liliputbahn auf gleich zwei Spurweiten: 367 mm und 185 mm. Um es den Festgästen bequem zu machen, überbrückt – durchaus wörtlich, denn die Anlage findet sich auf der anderen Rheinseite – ein historisches Postauto Etzwilen mit der Liliputbahn. Die Spur des Postautos auf Pneus beträgt 1800 mm.
Anfahrt bitte in Zügen
Etzwilen ist ein kleines Bauerndorf ohne öffentliche Parkplätze. Eine begrenzte Anzahl werden bereitgestellt (kostenpflichtig, Einweisung). Von Zürich gelangt man in einer guten Stunde via Schaffhausen bzw. Winterthur nach Etzwilen und steigt schon mitten im Festgelände aus. Mit zeitversetztem Halbstundentakt viertelstündlich! Thurbo verlängert ihre Züge, sodass niemand stehen muss. Aber nicht weniger als drei Bahnunternehmen mit historischem Bezug laden ein zu etlichen Sonderfahrten auf zum Teil nie von Personenzügen befahrenen Abschnitten zum Festplatz Etzwilen.
Die Höhepunkte: Fahren wie früher
Für Anreisende aus dem Mittelland bietet sich die einmalige Gelegenheit, mit einem Sonderzug von SBB Historic Windisch auf Pfaden der einstigen SNB-Strecke direkt zum Festgelände zu fahren: Olten ab 08.43 Uhr. Die Fahrgäste nehmen Platz in Leichtstahlwagen aus den 1950er Jahren. Zug«pferd» ist die Re 4/4 I Nr. 10001. Etzwilen an 12.01 Uhr. Rückfahrt 14.55 Uhr, Olten an 18.14 Uhr Fahrroute: Olten–Zofingen–Lenzburg–Wettingen–Zürich-Seebach–Winterthur–Etzwilen.
Auf Gleisen, die noch nie von einem regulären Personenzug befahren wurden, veranstaltet Rail Event AG, Frauenfeld mit ihrem historischen Prestige Continental Express eine Sonderfahrt ab Winterthur. Nach einem Zwischenhalt in Zürich HB geht es weiter durchs Limmattal nach Killwangen-Spreitenbach und dann über eine geschwungene Brücke (gebaut für den Güterverkehr zum Rangierbahnhof) ins Furttal. Weiter: Regensdorf–Zürich Seebach und dann über eine ebenfalls nur von Güterzügen befahrene Schlaufe ins untere Glattal. Dann wieder ganz «normal»: Bülach–Schaffhausen–Etzwilen. Nach einem Aufenthalt fährt der Prestige Continental Express weiter auf der Seelinie: Stein am Rhein–Kreuzlingen–Romanshorn und zurück via Winterthur nach Zürich - Am der Zugspitze steht eine Re 4/4I.
Das Team der SBB Historic Winterthur bietet drei Extrafahrten mit dem historischen elektrischen Trieb- und Begleitwagen BFe 4/4 an: Winterthur–Etzwilen (kurze Zwischenhalte) –Stein am Rhein und zurück.
Die Extrafahrt mit der Stilikone Roter Pfeil Zürich–Etzwilen organisiert die Betriebsgruppe 13302 der OeBB durchgeführt. Nutzt die Gelegenheit, der vergangenen Zeit direkt von zu reisen. Zürich HB ab 8.20 Uhr Etzwilen ab 15.50 Uhr.
Eine ganz besondere Fahrt mit gleich zwei Zug«pferden» in Nostalgiewagen von Neurovapor startet in Winterthur Töss um 9.30 Uhr mit der modernsten SBB-Cargo-Lok von Cargo International, Vectron 193. Fahrweg: Frauenfeld–Weinfelden–Sulgen–Romanshorn–Etzwilen. Auf dem Rückweg Etzwilen–Winterthur–Frauenfeld–Weinfelden–Sulgen–Romanshorn steht die TEE Re 4/4I 10034.
Es geht sogar mit Dampf
Eine Extrafahrt Winterthur–Etzwilen organisiert der Dampfbahn-Verein Zürcher Oberland DVZO. Winterthur ab 8.21 Uhr, zurück 17.51 Uhr.
Und «des Pudels Kern» sind gewiss die Pendelfahrten Etzwilen–Singen des Dampfbahnvereins Etzwilen-Singen VES. Auf der einzigen nicht elektrifizierten Strecke der SBB (Exklusivität fürs Fotografieren) zieht die Dampflok Eb 3/5 Nr.9 vom DVZO. Angehängt sind die VES-eigenen historischen Wagen sowie diejenigen der Stiftung SEHR&RS (Stein am Rhein–Etzwilen–Hemishofen–Ramsen–Rielasingen–Singen, so die Lösung einer oft gestellten Frage).